In der ersten Analyse der Umfragedaten der Near East Consulting Gruppe befinden wir uns auf Spurensuche nach dem Zustand der palästinesischen poltischen Identität. Diskutiert werden hier ausschließlich die Mai-Daten, die Folgemonate werden entsprechend angepaßt.
Auf den ersten Blick erkennbar ist das palästinensische Schisma, das die "Realitätsleistung" der Identität schwer beeinträchtigt: 70.3% der Palästineser [PAL] lehnen das Existenzrecht Israels ab, 76.3% erkennen es als reale Existenz an. Dies führt einerseits in die berechtigte Annahme, die PAL befänden sich weiterhin in einem imanenten Selbstfindungsprozeß in dem die Gegnerschaft zu Israel das PAL-Selbstverständnis als eigenständige Entität eigene nationale Symbole, kulturelle Leistungen ersetzt. Die politische Verwertung über den Abgleich mit durchaus vorhandenen kulturellen gemeinsamen Leistungen findet nicht statt. [Gemeinsame Projekte mit israelischer und palästinensischer Beteiligung erzielen nicht den gewünschten Effekt und sind in der Menge nicht ausreichend gewesen.] Mehr noch definiert sich die politische Elite selbst über die Anzahl von "Israels Okkupation befreienden" Waffenträgern, übt so den Schisma-Druck auf die Bevölkerung aus, indoktriniert durch eine Philosophie der "Befreiung von" anstelle "Befreiung durch". Wenig erstaunlich ist daher die Ansicht von 37.3% [39.9% Januar 2007] der Befragten, die nicht der Ansicht sind, das die Hamas sich von dem Charta-Punkt "Eliminierung Israels" lösen sollte. Zudem befürworten 46.9% den Raketenbeschuß israelischen Gebiets, 71.7% bezeichnen Israel als "Profiteur" der Vorgänge im Gaza-Streifen. Schlicht: die PAL haben nicht verinnerlicht, das sie die IntifadaII verloren haben.
Nun wäre es aber falsch das palästinesische Schisma als gottgegebene Konstante für ewig zu aktzeptieren, auch wenn der Westen auf die Gaza-Machtübernahme der Hamas mit der einseitigen Unterstützung eines Teils des palästinensischen Problems reagiert hat und somit auf absehbare Zeit keine Veränderungen zu erwarten sind. Auch sollte klar sein, das die Politik des Landes Israel einer Lösung des Schismas nicht zuarbeitet, sondern einen verfestigenden Impuls setzt. 86.9% der PAL leiden zudem noch unter der Abwesenheit von Arafat, der als [eher illusionäres] Symbol für Stabilität und Sicherheit in die palästinensischen Annalen eingehen wird.
Andererseits sind Hoffnung spendende Leistungen vorhanden. Es ist dabei allerdings derzeit noch fraglich ob es sich dabei um Reste der vor-Oslo-Identität handelt, oder es bereits neue Impulse aus der post-IntifadaII-Zeit sind. Die Führungspolitiker Abu Mazen [27.2%] und Hanieh [19.1%] erhalten eine reale Quittung für die innerpalästinensische Krise. Im Januar 2007 [37.1% zu 33.5%]. Damit ist klar das die PAL sehr flexibel und sensitiv auf politische Realitäten reagiert. 92.1% der Befragten macht insgesamt beide Parteien [Hamas-Fatah] für die Situation verantwortlich [91.0% Januar] und erstaunlich niedrige 32.7% bezichtigen den "Westen" mitverantwortlich zu sein. Desweiteren diagnostierziert man eine allgemeine Poltikverdrossenheit, die eigentlich für den Westen als Basis für eine neue demokratische Bewegung dienen könnte. 48.7% der Befragten glauben nicht das die Hamas/Fatah das aktuelle Problem lösen können. Entsprechend niedrig sind die Zustimmungsraten für das "emergency"-Kabinett [53.4 befürworten die Installation, 49.4% glauben das es den Konflikt lösen kann.] Auf die neue Frage nach einer internationalen Präsenz antworten immerhin 31.1% positiv. Recht niedrig fallen leider die Raten der "familiären" [rivalisierende Clans] Einflußnahme aus. Hier fehlt wohl das poltische Bewußtsein. Eine etwas stilisierte Position erhält die Symbolfigur Marwan Barghouti, dem zwar insgesamt auch nur 16,6% der Befragten die Konfliktlösung zutrauen, was aber immer noch mehr sind als Hanieh und Abu Mazen zusammen erhalten. Da in der Maiumfrage Wahlprognosen fehlen sind diese zu einem späteren Zeitpunkt zu analysieren. Generell fällt die hohe Rate von Null-Antworten auf, die einen gestörten Informationsfluß belegen. [Im April kommten 30% der PAL keine Antwort auf die Frage nach dem Sicherheits-Plan des INNEN-Ministers Quawasmi geben, obwohl sich 86.1% der Befragten "concearned - very concearned" über die Sicherheit in den palästinensischen Gebieten gaben.]
Fazit: Da die westliche Politik bis zum jetzigen Zeitpunkt auf die dargestellte Problematik nicht reagiert hat ist die Forderung nach einer Installation einer zeitlich begrenzten Ordnungsmacht nur logisch. Bereits 27.7% der PAL befürworten zB eine Konföderation mit Jordanien. Dies sollte auch Druck auf die Fatah/Hamas-Ebene ausüben, die palästinensiche Identität mehr an palästinensischen Inhalten auszurichten. Für die heutige westliche Politik gilt es als MUSS die latente Drift der poltischen Begriffe zu beheben. Das populistsiche Beispiel "Schulbuch" sei genannt: Wir zahlen der PA heute 10$ für die Produktion eines Schulbuchs nach unserer Definition eines Schulbuchs. Davon kommen 2$ an. 4$ Verwaltung und Produktion. 2$ Korruption. 2$ Antiisraelische Gestaltung. Diese Drift muß in den Floskeln der "Reform der palästinensischen Institutionen" umgehend beseitigt werden. Weitere Unterstützungsleistungen müssen dringendst und hochprozentig in die zivile Erziehung der palästinensichen Kulturleistung fließen. Der Palästinenser der Zukunft muß endlich ein positives Selbstbild entwickeln.
Dienstag, 26. Juni 2007
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